Am 31. März waren Bobby Rootveld, seine Frau Sanna van Elst und ihr sechsjähriger Sohn Levi bei uns am Lise- Meitner- Gymnasium zu Gast. Sie erzählten den Schülerinnen und Schülern des Jahrgangs 10 die spannende, aber zugleich traurige Geschichte der jüdischen Familie Rootveld. Die Familie aschkenasischer und sephardischer Juden lebte bis 1940 ein normales, ein gutes Leben (so sagte es Bobby Rootveld) in Amsterdam - bis zum Überfall Deutschlands auf die Niederlande. Es war bedrückend zu hören, dass letztlich alle Geschwister seines Großvaters z.T. mit Ehepartnern und kleinen Kindern der Shoah zum Opfer fielen. Viele wurden über das Lager Westerbork und den Bahnhof Bad Bentheim nach Osten in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet. Bobby Rootveld hat die einzelnen Lebensgeschichten seiner Familienangehörigen detailliert erforscht und einzelne Begebenheiten, wie das Schicksal seines Großonkels, der an einem Vormittag seine Jacke mit dem Judenstern nicht trug und deshalb von einer niederländischen Nachbarin an die Polizei verraten und dann verhaftet wurde, anschaulich aber eben deshalb auch umso verstörender erzählt.
Da seine Familie nahezu vollständig ausgelöscht wurde durch den unmenschlichen Rassismus der Nationalsozialisten, ist es ihm ein Bedürfnis, die Geschichte seiner Familie zu erzählen und auch ihre kulturellen und religiösen Bräuche lebendig zu halten. Als Zuhörer bekam man den Eindruck, Bobby Rootveld hält nicht nur die Erinnerung an seine Familie wach, er lebt auf diese Weise mit und in ihr, pflegt ihr Erbe und seine eigenen Wurzeln.
Bobby Rootveld sang und musizierte zusammen mit seiner Frau Sanna jiddische Lieder, zeigte gemeinsam mit seinem Sohn Levi, wie jüdische Familien das Chanukka-Fest begehen, erklärte jüdische Riten und Bräuche und vermittelte so einen intensiven Eindruck seiner Religion und seines kulturellen Hintergrundes, seiner Identität.
Im letzten Teil seiner Lesung sprach Bobby Rootveld, der mit seiner Familie seit etlichen Jahren in Nordhorn lebt, über Antisemitismus in unserer Gegenwart. Es ist erschreckend zu sehen, dass es ihn auch in der Grafschaft gibt. Auf Straßenschildern, in Schülerchats werden antisemitische Äußerungen getan und antisemitische Bilder verschickt. Besonders schlimm ist, dass dieser Antisemitismus vielfach unkommentiert bleibt, von denen, die ihn sehen und hören. Umso eindringlicher wirkte der Appell an die Schüler: Aufmerksam sein, nicht schweigen, wenn man antisemitische Äußerungen wahrnimmt, Antisemitismus beim Namen nennen, Verantwortliche ansprechen, die Polizei einschalten! Es geht am Ende auch darum, dass Juden in Deutschland und überall auf der Welt leben und ihre Religion und kulturellen Bräuche selbstbewusst praktizieren können – offen und ohne Angst. Das ist ein Anliegen, für das Bobby Rootveld und seine Frau auch mit Blick auf ihren Sohn Levi uns sensibilisieren wollten. Es ist ihnen auf eindringliche und sehr sympathische Weise gelungen.
Bri, 25.4.22