Klein Malsbach in der Hand des organisierten Verbrechens

Die Theatergruppe „Spectaculix“ zeigt „Der grüne Schal“

Was haben der Fantasieort Klein Malsbach und New York gemeinsam? Auf den ersten Blick wohl kaum etwas, aber mit der richtigen Perspektive stellt sich heraus: Sie sind beide ein Hort für Kriminelle, nein Schwerverbrechen und sogar für die organisierte Kriminalität! – So erfährt es jedenfalls das Publikum der Kriminalkomödie „Der grüne Schal“ geschrieben und inszeniert von Christiane Hahn und gespielt von 23 Schülerinnen und Schülern der Theatergruppe „Spectaculix“ des Lise Meitner Gymnasiums Neuenhaus.

Doch was ereignet sich tatsächlich in Klein Malsbach? Nachts ist ein unbekannter Sprayer unterwegs, der an eine Hauswand die Parole „Nieder mit den Tierquelern!“ geschrieben hat. So weit – so harmlos. Doch was in den Augen eines New Yorkers eine absolute Lappalie sein dürfte, entwickelt sich in der Kleinstadt zu einem Szenario voller Angst und Schrecken, wobei sich niemand über die Rechtschreibung oder die Botschaft aufregt, sondern über die Tatsache, dass es solche Schmierereien in der Kleinstadt des Wohlanstands überhaupt gibt. In die Zeit der 50iger Jahre versetzt und damit in eine Phase der spießigen Bürgerlichkeit mit all ihren Rollenklischeess regen sich ansässige Damen – urkomisch dargestellt von Silke Hofste, Liana Ekkel, Carlotta Teltscher, Hermine Heiks und Elisa Lohuis - stellvertretend für Stadtgemeinde in einem Interview mit einer Reporterin – verkörpert von Hannah Dust - immer mehr auf, so dass sie sich nachts entweder überhaupt nicht mehr vor die Tür trauen oder nur mit Hund oder Waffe. Die weltweite Öffentlichkeit wird über die unglaublichen Ereignisse von zwei Nachrichtensprechern informiert, wobei die beiden Moderatoren in ihren Temperamenten nur sehr wenig harmonieren. Während die Sprecherin – Paula Busch – öfter mal im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Fernsehrahmen fällt und ein privates Schwätzchen mit der Reporterin anfängt und mit ihr im Duett sogar eine unvorhergesehene Werbepause einspielt, erträgt der Sprecher – Elijah Stürmer - diese Ein- und Ausfälle mit gequälter Ruhe, lakonischen Einwürfen und rollenden Augen. Gerade diese kurzen Szenen, von denen es in dem Stück mehrere gibt, verleihen der Inszenierung einen besonderen Charme und Witz und machen das besondere Können der Schauspielerinnen und Schauspieler deutlich. Insgesamt erinnert dieser Handlungsstrang deutlich an Dürrenmatts „Güllen“, wobei unleugbar manches durchaus auch in der Gegenwart passieren könnte.

Einen Konterpart dazu stellt die Mädchenbande – Wanda Weber, Delia Schütte, Nora Pasternak, Liv Klein, Laurien Egberin, Marie-Luz Verbokkem, Helene Brouwer, Johanna Jeurink, Karen Banzhaf, Sarah Engels - dar, die alles daransetzt, diesen mysteriösen Fall aufzuklären. Zwar wimmelt es auch hier von Stereotypen  wie der kuchenbackenden Oma und den faulen Handwerkern – Evelyn Harmelink, Tjalda Brink und Leevi Westerberg -, doch insgesamt gehört die muntere Bande ausgestattet mit Handys und sehr viel Selbstbewusstsein ganz eindeutig der Gegenwart an. Und wen wundert es, dass es den Mädchen zusammen mit der Großmutter, die als Person nicht in Erscheinung tritt, gelingt, den Fall aufzuklären. Dieser besteht darin, dass im hiesigen Tierheim illegal Hunde gezüchtet und verscherbelt werden. Und wer war die Sprayer? Das verrät am Ende der grüne Schal.

Godula Süßmann, 5.5.2024