
Es war halbmast geflaggt an diesem Tag. Mit verschiedenen Projekten, Veranstaltungen und Unterrichtsstunden gedachten Schüler und Lehrer der Opfer des Nationalsozialismus. Im Zentrum standen dabei die von den Nationalsozialisten entrechteten, ausgegrenzten und schließlich deportierten und ermordeten Juden Europas. Eine Arbeitsgruppe (Frau Höllmann, Frau Terlinden, Frau Woydak und Frau Voshaar) hatte zuvor eine TaskCard mit möglichen Unterrichtsvorschlägen erarbeitet, aus der sich die Lehrkräfte das für ihre Klasse geeignete Angebot heraussuchen konnten. So lernten etwa die beiden 7. Klassen in Neuenhaus auf einem Stadtgang zu den Häusern der ehemaligen jüdischen Mitbürger die Geschichte der Familien Süskind, Frank und van der Reis kennen. Die 8. Klassen besuchten das neu eröffnete Günter-Frank-Haus, wo ihnen Christa Pfeifer eine erste Orientierung in die dortige Dokumentation gab. In der Schule selbst war an beiden Standorten ein kleiner Ort des Gedenkens eingerichtet mit Kerzen, Informationen und Bildern der Ermordeten, der einlud zum Innehalten. In Uelsen hatten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 7U2 diesen selbst gestaltet und Informationen über das Schicksal der jüdischen Familien aus Uelsen sowie das System der Konzentrations- und Vernichtungslager zusammengestellt.
Eine gute Woche später besuchte uns wie schon gut zwei Jahre zuvor das Musik-Duo Bobby Rootveld und seine Frau Sanna van Elst. Beide sind jüdischen Glaubens und leben einen Teil des Jahres in Israel, wo sie als Musiker einen Lehrauftrag an der Tel Aviv - University haben. Den anderen Teil des Jahres leben sie in Nordhorn, dort leiten sie das Kulturhaus NIHZ. In einer Art musikalischen Lesung brachten sie dem Jahrgang 10 zunächst kulturelle und religiöse Elemente des Judentums nahe. Besonders eindrucksvoll erzählte Bobby Rootveld die Geschichte seiner ursprünglich in Amsterdam lebenden Familie, aus der nur sein Vater die Shoah überlebt hat. Weil er die individuellen Schicksale der einzelnen Familienmitglieder in den 30-er und 40-er Jahren genau erforscht hat, etliche Fotos von ihnen zeigen konnte und ihre Wege - meist über Westerbork nach Sobibor und Auschwitz - anschaulich und mit wichtigen Details schilderte, lauschten die Schüler gebannt und waren sichtbar bewegt.
Bobby Rootveld und Sanna van Elst haben einen neunjährigen Sohn. Dass ihr Sohn seine jüdische Religion ausüben und in Deutschland ohne Angst leben kann, ist einwichtiger Antrieb für ihre Aufklärungsarbeit. Eindringlich der Appell an uns alle, nachdem die beiden etliche Beispiele von Antisemitismus auch hier in der Grafschaft angeführt hatten: Niemals wegsehen! Antisemitismus ist eine Straftat und muss zur Anzeige gebracht werden!
Der Auschwitz-Überlebende Albrecht Weinberg sagte dieser Tage in der Süddeutschen Zeitung, wenn er mit Schülern spreche und ihnen erzähle, seien sie so freundlich, aufmerksam und zugewandt. Das gebe ihm Kraft und Hoffnung. Genauso haben wir unsere Schüler bei unseren Veranstaltungen zum Holocaust-Gedenktag auch erlebt.
Voshaar, 25.2.25
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